Kunstgerecht Saunabaden

Die Sauna ist eine sehr alte Badeform. Sie kam aus dem asiatischen Raum, wurde im deutschsprachigen Raum über Jahrhunderte als ‚Badestube‘ bezeichnet, im 19. Jh. durch technische Errungenschaften und Verächtlichmachung verdrängt, konnte jedoch in Finnland und Estland als Sauna überleben.

Im Alltag war sie als Reinigungsbad und zur Erholung beliebt, im sozialen Leben und in der Volksmedizin spielte sie eine bedeutende Rolle.


Mit den Olympischen Spielen 1924 in Paris kam sie nach Mitteleuropa zurück und erlebte im Nachgang durch die sensationellen, unvorstellbaren Siege der finnischen Leichtathleten weltweite Aufmerksamkeit, Sportfunktionäre und Medizin nahmen das Thema in Beschlag. Im deutschsprachigen Raum war den Ärzten und Heilkundigen die Wasserheilkunde bereits Bestandteil wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Therapie, sodass die physiologischen Wirkungen des Saunabades von den Heilkundigen schnell verstanden und verinnerlicht wurden. Aufgrund der durch Forschungen zahlreich entstandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die nach den Olympischen Spielen 1936 von Berlin einen Bekanntheitsschub und weiteres Interesse unter den Medizinern und einer breiten Öffentlichkeit erfuhren, sollte sie ab 1941 als Volksbad etabliert werden.



In den 1950er Jahren war das Ansehen der Sauna als Heilmittel so gewachsen, dass sie als Heilbad anerkannt und bei der Einführung der Umsatzsteuer 1968 als Heilmittel das Privileg der ermäßigten Umsatzsteuer erhielt.

Mit dem veränderten Freizeitverhalten der Bevölkerung durch die erheblichen Reduzierungen der Arbeitszeit verwässerte die Sauna zunehmend zum Spaß- und später zum Wellnessbad. In den modernen Badelandschaften konnte für das Saunabad ein gesundheitlicher Nutzen nicht  mehr festgestellt werden. Zusätzlich wurde das Umsatzsteuerprivileg ab den 1980er Jahren in großem Stil überwiegend von kommunalen Trägern missbraucht mit der logischen Folge des Verlusts der Privilegierung in 2015.


Gekürzter Buchauszug zum kunstgerechten Saunabaden:

(„Epochenschwelle – Kommerzialisierte Gesundheit und ihr Stiefkind Immunsystem“, S. 205)


Sauna ist mit dem Wechsel von trockener Hitze in einem definierten Raum und Klima sowie Abkühlung primär durch Luft etwas ‚Ganzes‘. Sogenannte ‚Ergänzungen‘ verwässern meist die Wirkung bis hin zum Gegenteil der Zielsetzung ‚Ertüchtigung des Immunsystems‘.

Was heißt „kunstgerecht“?
Der Begriff „kunstgerecht“ ist neueren Datums und dient der Erkennung der Zielsetzung des Saunabades als Heil- im Gegensatz zum profanen Spaß- und Wellnessbad.
Damit das Saunabad die Heilbadfunktion erfüllen und somit „kunstgerecht“ durchgeführt werden kann, müssen einige wenige Bedingungen zu Bau, Klima und Badeablauf eingehalten werden; Modifikationen, wie sie von der Balneo- und Hydrotherapie her bekannt sind. Im hiesigen Kontext genügt eine Aufzählung:
Der Schwitzraum selbst muss aus Holz bestehen oder zumindest mit Holz ausgekleidet sein, mind. zwei obere aus Holz als Roste ausgeführte Badezonen, die Temperatur/Feuchte etwa 20 cm unter der Decke >90°C/<7 % r.F., die Heizleistung des Ofens muss ein Temperaturgefälle zum Boden ca. 60-70 K ermöglichen, in gewerblich genutzten Saunas muss die zugeführte frische Luft durch den Ofen erhitzt und die Ableitung der verbrauchten Luft in Bodennähe mechanisch unterstützt werden. Erforderlich ist ein direkter Zugang zu frischer Luft nach Verlassen des Schwitzraumes.


Die Durchführung des Saunabades

Der gesamte Badeverlauf erfolgt aus physiologischen Gründen unbekleidet und besteht aus zwei Phasen: Erhitzen und Abkühlen. Die Körperhaltung sollte liegend sein, falls sitzend, dann die Beine auf gleicher Höhe. Lediglich vor dem Verlassen der Sauna sollte mit Blick auf die orthostatische Reaktion für einen verlängerten Moment die gewöhnliche Sitzhaltung eingenommen werden. Erhitzen ca. 8–12, max. 15 min auf einer der oberen Ebenen; Abkühlen etwa gleiche Dauer unter Bewegung, zwingend an frischer Außenluft (Atemwege, Hautorgan), erweitert durch Abgießen und/oder Eintauchen in kühles Wasser, Abreibung mit Schnee; dann nochmalige Wiederholung des Ablaufs. Vor Anzeichen von Frösteln leichte Kleidung anziehen.
Zwischen- und Nachruhen sind Erfindungen der Freizeitwirtschaft und nicht erforderlich.


Physiologie des Saunabades

Es fällt auf, dass in Forschung und Praxis nicht nur auf das Grundprinzip „Reiz – Antwort“ geachtet, sondern es auch aktiv stimuliert wurde, um im Sinne von Funktionsverbesserungen, eines „Weckens des inneren Arztes“, reizsetzend zu wirken. Im hier interessierenden Segment des Saunabadens sei an die in Deutschland eingeführte Empfehlung erinnert, knöchelhohe Fußwärmbäder dem eigentlichen Saunabad vor- und zwischenzuschalten. In diesen Kontext gehört auch der immer wieder anzutreffende plastische Begriff „Gefäßtraining“.
Daneben ist es nicht zufällig üblich, alle kalten oder wechselwarmen Nassanwendungen nicht mit kalten Füßen zu beginnen und wechselwarme Prozeduren immer mit einem Kältereiz zu schließen. Diese Vorgehensweisen sind Ausdruck des Wissens um subtile physiologische Regelmechanismen in der Peripherie und deren Schlüsselfunktion für reaktive Vorgänge in der Tiefe. Es stellt daher im Gegensatz zu einer nicht-anthropologischen Sicht kein Mangel dar, dass diese Reize „unspezifisch“ sind; Reize solcher Art zeichnen sich vielmehr durch ihre Universalität aus, sind gewollt und werden aus ganzheitlicher Sicht gern spezifischen Reizen vorgezogen.

Das Saunabaden kennt keine Begrenzungen bzgl. des Alters oder eventueller Erkrankungen, abgesehen von einigen wenigen, bei denen man ohnehin daheimbleibt oder die den Menschen ans Bett binden. Was die Häufigkeit angeht, haben klinische Provokationstests gezeigt, dass die Saunawirkung bis zu 10 Tagen nachweisbar ist. Daraus leitet sich die allgemeine Empfehlung eines wöchentlichen Saunabades ab.


Die Innungskrankenkasse Bielefeld verwies dereinst auf ihr seit Jahren erfolgreiches Modell der Saunaanwendung zur „echte(n) Krankheitsverhütung“. Vergleiche zeigten, „daß die Ersparnisse für die Kassen deren Ausgaben für das Saunabad bei weitem überstiegen“ (III. Internationale Saunatagung Salzburg, 1962; Chronik Deutscher Sauna-Bund, S. 47).